034 — Direktlink
29.06.2012, 15:08 Uhr
Gast:Stephan1964
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Zitat: | Kraenchen postete
Zitat: | Menzitowoc postete Hallo,
mal ein paar technische Fragen zum Liebherr 30A/35:
Sehe ich das richtig, dass der gesamte Oberwagenkasten - zwischen Drehwerk und unterhalb der Winden - ein riesiger kiesgefüllter Ballastkasten ist? Oder was ist darin untergebracht? Die Schaltwiderstände sind doch unter dem Turmfuß untergebracht.
Wo wird das Seil zum Teleskopieren des Turms normalerweise aufgetrommelt? Gibt es dazu eine extra Winde, die bei diesem Kran fehlt, oder muß zum Teleskopieren eine andere Winde erst "leergemacht" werden?
Auf Stephan´s Bildern wird der Kran ja mit Hilfe von Autokranen demontiert und später wieder montiert, weil der Zustand zunächst nichts anderes zuließ. Aber früher oder jetzt im restaurierten Zustand ging das ja in Selbstmontage. Wie lief das im Einzelnen ab? Der Kran mußte ja von den Transportachsen auf die Schienen kommen.
Gruß Christoph |
Ja,
das siehst Du schon richtig, einfach gesagt ist die Drehbühne ein leerer versteifter Kasten mit aufgesetzten Windenrahmen und Aufstellbock. Auf der Baustelle wird dieser Kasten dann von oben mit Sand oder Kies gefüllt, oftmals wurde genommen was die Baustelle gerade so hergab.
Ein Nadelauslegerkran wurde konstruktionsbedingt grundsätzlich auf Kranbahn montiert um auch die "toten Bereiche" abdecken zu können durch verfahren des Krans. Diese Bereiche entstehen durch die Tatsache, das der Arbeitsbereich des Hakens nur bis 4 Meter vor dem Kran reicht bedingt durch die begrenzte Auslegerhöchststellung.
Im Transportzustand befindet sich die Achse mittig unter dem Drehgestell, so wird der Kran zwischen die Schienen gefahren, dann werden die Spreizholme ausgefahren und mit den Fahrwerken passend über den Schienen positioniert. Im weiteren Verlauf wird dann mittels der Einziehwinde des Auslegers, mit der auch später der Turm aufgerichtet wird, das Drehgestell samt Drehbühne soweit angehoben, bis man die Achse nach hinten unter dem Kran wegziehen kann, dabei stützt sich der Kran über die vorderen Spreizholme und Fahrwerke ab, ich meine auch das dafür die Schienenzangen an den vorderen Fahrwerken angezogen werden müssen um ein verrutschen zu vermeiden. Ist die Achse drunter weg kann das ganze dann komplett auf die Schienen gesetzt werden durch absenken der Einziehwinde.
Nach dem ballastieren wird der Turm mittels der Einziehwinde des Auslegers aufgerichtet, dazu sind die Auslegerhalteseile unten vorne am Turm eingehängt, erst wenn der Turm steht werden die Seile umgehangen auf die Auslegerspitze um diesen in Betriebsstellung zu bringen.
So wie ich mich erinnern kann wurde der Ausleger beim Transport des Typ Form 30 A 35 immer unter dem Turm belassen, der Ausleger ist zudem klappbar an einem Gelenk in der Mitte des Auslegers.
Während des Transports wird der Ausleger fest am Turm fixiert.
Oftmals ist der Ausleger früher auch separat gehändelt worden, d. h. der Ausleger wird auf der Baustelle zusammengebaut und mit dem Autokran in Luftmontage angesetzt.
Wenn der Kran nur mit Turm transportiert wurde, hat man auch den Ausleger liegend vor dem Kran angebaut und beim Turm aufrichten wurde dieser dann mitgezogen, man kann sich das so vorstellen wie beim aufstellen eines großen Gittermastkrans mit Wippe, der zieht diese auch ein ganzes Stück nach bevor er sie aufrichtet.
Insbesondere die größeren A-Krane Form 40 A 65 aufwärts wurden generell ohne Ausleger transportiert und mit den beiden beschriebenen Arten aufgebaut.
Wie was und warum damals gemacht wurde hing ganz von den umgebenden Umständen der Baustelle ab, oftmals verhinderte Platzmangel den Transport des Krans mit "allem drum und dran", mit so einem Geschoß fährt man nicht mal eben so um die Häuserecken und der Kran wurde so zur Baustelle gefahren das er sicher dort ankam. Diese Kranmontagen damals waren im Vergleich zu heutigen Kranen schon eine "Wissenschaft für sich" und jede Menge Handarbeit mehr.
Das austeleskopieren des Krans geschieht mittels der Hubwerkwinde auf der das Montageseil gegenläufig befestigt wird, das heißt mit der Bewegung Hub ab geht Hubseil von der Trommel und gleichzeitig wird der Innenturm rausgezogen. Ich hoffe ich liege damit so richtig, bin gerade mit dem Detail nicht ganz sicher, aber ich weiß da einen schlauen Herrn, der wird´s schon richten wenn ich hierzu Mist geschrieben habe.
Gruß
Jörg |
Naja - fast richtig!
...arbeiten wir den Text am besten mal sukzessive von oben nach unten ab, dann sollte alles erklärt und richtig gestellt sein:
1. "Ja, das siehst Du schon richtig, einfach gesagt ist die Drehbühne ein leerer versteifter Kasten mit aufgesetzten Windenrahmen und Aufstellbock. Auf der Baustelle wird dieser Kasten dann von oben mit Sand oder Kies gefüllt, oftmals wurde genommen was die Baustelle gerade so hergab."
-> genau genommen ist das eine tragende Konstruktion, die zusätzlich mit Winkelprofilen und Stahlblech umgeben ist. -> gem. Betriebsanleitung ist Kies 16/32 vorgeschrieben, Sand wurde zwar verwendet, weil billiger, aber der hat entscheidende nachteile: anderes spezifisches Gewicht und Wasserspeicher, wenn es regnet. Demgegenüber läßt der grobkörnige Kies das Regenwasser schnell von oben nach unten durch. Gerade bei lanfristigen Einsätzen (Bauhof, Sägewerk, Hafen) ist alles andere als Kies problematisch, da sich Wildwuchs von Gräsern und Bäumen entwickelt, der das Stahlblech angreift und die Konstruktion der Kästen angreift oder sogar aufsprengt.
2. "Ein Nadelauslegerkran wurde konstruktionsbedingt grundsätzlich auf Kranbahn montiert um auch die "toten Bereiche" abdecken zu können durch verfahren des Krans. Diese Bereiche entstehen durch die Tatsache, das der Arbeitsbereich des Hakens nur bis 4 Meter vor dem Kran reicht bedingt durch die begrenzte Auslegerhöchststellung."
-> fast richtig: beim 30A35 mit 24m Ausleger beträgt die Mindestausladung nicht 4m, sondern 8,5m - bei verlängertem Ausleger (bis 30m möglich) entsprechend mehr, bis 12m! Selbst die kleinen Brüder 6A und 8A hatten eine Mindestausladung von 5m bzw. 6m!
3. "Im Transportzustand befindet sich die Achse mittig unter dem Drehgestell, so wird der Kran zwischen die Schienen gefahren, dann werden die Spreizholme ausgefahren und mit den Fahrwerken passend über den Schienen positioniert. Im weiteren Verlauf wird dann mittels der Einziehwinde des Auslegers, mit der auch später der Turm aufgerichtet wird, das Drehgestell samt Drehbühne soweit angehoben, bis man die Achse nach hinten unter dem Kran wegziehen kann, dabei stützt sich der Kran über die vorderen Spreizholme und Fahrwerke ab, ich meine auch das dafür die Schienenzangen an den vorderen Fahrwerken angezogen werden müssen um ein verrutschen zu vermeiden. Ist die Achse drunter weg kann das ganze dann komplett auf die Schienen gesetzt werden durch absenken der Einziehwinde."
-> ... Transportachse mittig unter dem Drehkranz... -> ... der gesamte Unterwagen angehoben... -> ... Schienenzangen NICHT angezogen, da der Turm beim Heben/Senken des Unterwagen festsitzt und der Unterwagen Spiel benötigt, bis auch die hinteren 2 Fahrschemel auf dem Gleis sitzen. Dann Schienenzangen festziehen.
4. "Nach dem ballastieren wird der Turm mittels der Einziehwinde des Auslegers aufgerichtet, dazu sind die Auslegerhalteseile unten vorne am Turm eingehängt, erst wenn der Turm steht werden die Seile umgehangen auf die Auslegerspitze um diesen in Betriebsstellung zu bringen. So wie ich mich erinnern kann wurde der Ausleger beim Transport des Typ Form 30 A 35 immer unter dem Turm belassen, der Ausleger ist zudem klappbar an einem Gelenk in der Mitte des Auslegers. Während des Transports wird der Ausleger fest am Turm fixiert. Oftmals ist der Ausleger früher auch separat gehändelt worden, d. h. der Ausleger wird auf der Baustelle zusammengebaut und mit dem Autokran in Luftmontage angesetzt. Wenn der Kran nur mit Turm transportiert wurde, hat man auch den Ausleger liegend vor dem Kran angebaut und beim Turm aufrichten wurde dieser dann mitgezogen, man kann sich das so vorstellen wie beim aufstellen eines großen Gittermastkrans mit Wippe, der zieht diese auch ein ganzes Stück nach bevor er sie aufrichtet."
-> grundsätzlich richtig. Es gab damals kleine 1-achser Rollwagen mit luftbefüllten Rädern, die dann an die Stirnseite der Auslegerspitze geschraubt wurden, damit der Ausleger beim Aufrichten des Turmes und Hinterherziehen des Auslegers einigermaßen gut auch über Stock und Stein auf der Baustelle gezogen werden konnte. Wir haben das auf dem gepflasterten Bauhof mit einem Gabelstapler gemacht, weil weder der Rollwagen noch die Transportachse überlebt hatten.
5. "Insbesondere die größeren A-Krane Form 40 A 65 aufwärts wurden generell ohne Ausleger transportiert und mit den beiden beschriebenen Arten aufgebaut."
-> jepp, wie Bilder von mehr als 10 unterschiedlichen Exemplaren belegen, hatten der Ausleger des 45A 65 die "Ohren" in der Mitte des Auslegers, wo mittels Bolzen nach Lösen der Schrauben der Ausleger seitlich weggeklappt werde konnte, gar nicht mehr. -> man bemerke, daß selbst beim 30A 35, wo das noch vorgesehen war, die vordere Auslegerhälfte 12m lang und etwa 470kg schwer gewesen war. Wer will das teil freiwillig mit Händen um 180° wegklappen? da war die Variante "Fuchs 301" schon sehr viel beliebter!
6. "Wie was und warum damals gemacht wurde hing ganz von den umgebenden Umständen der Baustelle ab, oftmals verhinderte Platzmangel den Transport des Krans mit "allem drum und dran", mit so einem Geschoß fährt man nicht mal eben so um die Häuserecken und der Kran wurde so zur Baustelle gefahren das er sicher dort ankam. Diese Kranmontagen damals waren im Vergleich zu heutigen Kranen schon eine "Wissenschaft für sich" und jede Menge Handarbeit mehr."
-> hier könnte man noch das lustige Handrad erwähnen, das zum Lenken des Unterwagens auf den Schwenkmotor gesteckt wurde, damit man den Kran hinter dem LKW her auch in engerer Innenstadtkurven hineinmanövrieren konnte...
7. Das austeleskopieren des Krans geschieht mittels der Hubwerkwinde auf der das Montageseil gegenläufig befestigt wird, das heißt mit der Bewegung Hub ab geht Hubseil von der Trommel und gleichzeitig wird der Innenturm rausgezogen. Ich hoffe ich liege damit so richtig, bin gerade mit dem Detail nicht ganz sicher, aber ich weiß da einen schlauen Herrn, der wird´s schon richten wenn ich hierzu Mist geschrieben habe."
-> Einspruch, Euer Ehren! ... Das Hubseil war entweder noch nicht auf der Winde oder mußte abgespult werden. dann hat man das mit einem Seil irgendwo (zB am Turm) fixiert, damit sich das Hubseilende nicht selbständig macht, sondern in Reichweite bleibt. Das Teleskopierseil wurde dann ganz normal auf die Winde gespult und der Turm damit austeleskopiert, bis die 4 Anker am Innenturm sich oben an der dafür vorgesehenen Stelle am Aussenturm eingeklinkt hatten, damit der Innenturm auch brav oben bleibt. das Auslegereinziehseil wurde dafür einfach abgespult, aber auf der hinteren Winde belassen, sodaß es nachrücken konnte, wenn der Turm langsam höher wurde. Am Ende wurde das Teleskopierseil von der Hubwinde abgenommen, zu einem Ring gebunden und so, wie auch wir das hier gemacht haben, an eine Strebe des hinteren Aussenturms gebunden, damit Ordnung herrscht und das Seit aufgeräumt ist. Hubseil wieder drauf, Ausleger hoch und Endschalter einstellen.
Erfahrene Profis haben für die Montage eines 30A 35 i.d.R. einen Tag gebraucht, in seltenen Fällen war sogar Abbau/Transport/Aufbau an einem Tag (16h-18h) möglich - wenn alles perfekt vorbereitet war. |